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gez. 1982
v. Connaught - Liranga v. Literat |
Züchter:
Gestüt Fährhof |
Besitzer:
Gestüt Fährhof |
Trainer:
Heinz Jentzsch |
Wenn
Acatenango beim Einrücken in den Stall
Asterblüte von Trainer Heinz Jentzsch das häßliche Entlein
war, dann war Lirung der Schwan. Ein weit entwickelter Jährling von
auffälliger Gestalt - ein großer Fuchs mit weißen Hinterbeinen
und einer breiten Blesse - der außer Flausen vor allem Galoppieren
im Kopf hatte.
Die
Art und Weise, wie er seine Rennen lief, wurde bereits im Zweijährigenalter
zu Lirungs Markenzeichen. Der ältere Bruder Lagunas war gerade Derbysieger
geworden, da stiefelte Lirung im Versuchsrennen der Hengste nach Hause,
als wäre es nur ein Trainingscanter. Im Ratibor-Rennen fertigte er
die Trainingsgefährten Bismarck und Acatenango überlegen ab,
ehe er es Lagunas mit dem Sieg im Preis des Winterfavoriten gleichtat.
Drei Starts - drei Siege, und nie waren die Gegner auch nur in seine Nähe
gekommen. Lirung setzte sich mit Siebenmeilensprüngen an die Spitze
des Feldes und ließ den Abstand wachsen bis ins Ziel.
Ein
Galoppierwunder, wie man es seit Jahren, vielleicht Jahrzehnten nicht mehr
gesehen hatte. Dabei soll man aber nicht glauben, daß Georg Bocskai
das Kraftpaket Lirung nur spazierenreiten zu brauchte. Der Fuchs hatte
seinen eigenen Kopf und solchen Vorwärtsdrang, daß er mit einem
schwächeren Jockey wohl als Durchgänger gegolten hätte.
Das klassische Henckel-Rennen gewann Lirung mit acht Längen. Den ersten
Test auf Stamina im Consul-Bayeff-Rennen bestand er mit Weile Vorsprung.
Ungeschlagen nach fünf Starts trat er im Derby als Favorit an - und
unterlag Acatenango. (mehr über dieses
Derby lesen Sie hier)
Da
hatte es sich also gezeigt, was man auch schon bei Lagunas vermutet hatte:
Echtes Stehvermögen fehlte ihm. In Anbetracht dessen war der dritte
Platz im Derby keine Schande. Und Lirung wäre nicht Lirung gewesen,
wenn ihn das gestört hätte. Er gewann, wieder auf passenden Strecken,
einfach weiter. Die Abstände im Ziel waren riesig, die Gegner manchmal
nicht einmal auf den Fotos erfasst.
Lirung
blieb auch vierjährig trotz Glanzleistungen nicht ohne Niederlage.
Fast alle großen Champions haben einmal mehr oder weniger unerklärlich
versagt. Komischerweise tendieren dabei Pferde mit eigenartigen Namen am
ehesten zum Favoritenschreck. Passend benannt war der Bezwinger von Amerikas
Pferd des Jahrhunderts Man O´War: Upset. Cigar wurde von Dare and
Go geschlagen, Secretariat von Onion. Lirungs seltsamster Bezwinger hieß
Grauer Wicht und war der längste Außenseiter im Neunerfeld gewesen.
Die
großartigste Vorstellung des bunten Fuchses blieb dem deutschen Publikum
vorenthalten. Der Prix Jacques le Marois (Gr.I) wird auf der 1600 Meter
langen geraden Bahn von Deauville in der Normandie entschieden. Hart an
den Rails ließ der junge Steve Cauthen - Wunderkind des amerikanischen
Galopprennsports - Lirung marschieren, was das Zeug hält, und der
Fährhofer steht die hohe Pace bis ins Ziel durch. Keine Chance für
die speedigen französischen und englischen Spitzenmeilern, in seine
Nähe zu kommen. Zwei dritte Plätzen (im Prix d´Ispahan
und Prix du Moulin de Longchamp) auf höchster Gruppe-Ebene stempelten
Lirung zum besten Meiler seines Jahrgangs in Europa.
Fünfjährig
sollte Lirung beweisen, ob er das Zeug zum europäischen Champion hat.
Doch das war ihm nicht vergönnt. Auf der Reise nach Mailand - im Zug
- holte er sich eine schwere Infektion, und wurde zurückgebracht,
doch nie wieder gesund. Die genauen Umstände seiner Erkrankung und
der Rückreise kamen nie an die Öffentlichkeit. Der riesige Fuchs,
sonst ein Ausbund an Vitalität und Lebensfreude, nur noch ein Häufchen
Elend - nach vier Wochen Krankheit mußte er eingeschläfert werden.
Lirungs
Bilanz: 15 Starts, 10 Siege, 5 Plätze. Er lief nie schlechter als
auf den dritten Platz. Sein höchster GAG betrug 106 kg.
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